Freitag, 27. April 2012

Bei den Brüllaffen am weißen Kap

Heute ist Regentag. Der Regen ist für tropische Verhältnisse recht gemäßigt - da haben wir hier schon ganz anderes erlebt. Dafür nieselt und plätschert es schon den ganzen Tag konstant vor sich hin, seit Bennys frühmorgendlichem Lauf zum Sonnenaufgang. Und vielleicht auch schon davor, wer weiß. Macht aber nichts - der Regen liefert uns den perfekten Anlass, mal einen ganz ruhigen Tag einzuschieben (also: noch ruhiger als die meisten Tage es hier sowieso sind), nach Herzenslust mit dem Kleinen zu spielen und zu schmusen, und die Vorzüge unserer neuen Bleibe zu genießen. Jaha, Wir sind nämlich schließlich doch noch fündig geworden auf unserer etwas beschwerlichen Suche nach einer schönen Ferienwohnung.

 

Dafür haben wir es jetzt besonders prächtig getroffen: Für diese Woche wohnen wir in einem kleinen Häuschen mit großer Veranda davor, in den Hügeln oberhalb von Montezuma, umgeben von Dschungel und mit einem atemberaubenden Blick aufs Meer hinab und die Küste herunter. An klaren Tagen - also, nicht heute - kann man den ganzen Golf von Nicoya überblicken und die Berge auf der anderen Seite, und nachts sieht man sogar einige Lichter der Ausläufer und Vororte von San José. Heute, naja, kann man immerhin noch die Küstenlinie bewundern, und ansonsten die Stelle suchen, wo der Himmel ins Meer übergeht.


Das Beste am Haus - finden wir - ist die riesige Veranda, komplett mit Liegestühlen und einer wunderbaren Hängematte mit Meerblick. Sanft in der Hängematte baumeln, den Blick über den Pazifik schweifen lassen, das schlafende Kind an der Schulter; so lässt es sich schon mal aushalten.

Aussicht auf den Pazifik - a view and a half

Fridolins Favorit ist der schöne, polierte Holzfußboden im - ebenfalls recht großen - Wohnzimmer. Der ist nämlich glatt genug, dass er prima darauf herumrobben kann. Inzwischen kommt er dabei recht flott voran - siehe auch das Filmchen.


Abgesehen von Veranda und Fußboden freuen wir uns vor allem über die prima und komplett eingerichtete Küche, so dass wir auch mal etwas anspruchsvollere Gerichte als Pasta mit Tomatensauce in Angriff nehmen können. Sogar Geschirrhandtücher gibt es - zum ersten mal in den fünf Wochen, die wir jetzt in diesem Land reisen!


Die Außendusche im Grünen
- es gibt auch noch eine "richtige" Dusche im Bad

Neben unserem Haus gibt es hier noch drei weitere Casitas, die über die umliegenden Hügel verteilt sind, und in der Mitte ein Pool. Der Pool hat ebenfalls eine grandiose Aussicht (also, im Prinzip die gleiche wie unsere Veranda), und ist so gebaut, dass man die Aussicht auch aus dem Wasser heraus genießen kann; wenn man auf den Rand des Pools zuschwimmt, scheint es, als schwimme man auf den Horizont zu. Fridolin hat für diese Nuancen natürlich kein Auge, ihm genügt es, dass wir fast jeden Tag mit ihm Planschen gehen. Auch wenn er danach regelmäßig völlig ausgepowert ist.




Die ganze Anlage ist umgeben von Dschungel - das nächste Haus ist gerne einen Kilometer weg. Dadurch ist es wunderbar ruhig hier - in dem Sinn, dass man kaum menschengemachte Geräusche hört. Dass es nicht still ist, dafür sorgen schon die verschiedenen Grillen, Frösche, Vögel und sonstiges Getier. Einige davon sind regelmäßige Besucher (sie würden es vermutlich genau andersrum sehen: regelmäßig übernachten Menschen in ihrem Revier). Darunter ein Pärchen von Agutis und ein Coati (Nasenbär), die regelmäßig vorbeikommen und aus sicherer Entfernung schauen, was wir hier so treiben. 

eine Hälfte des Agutipärchens...
... und das Coati, das wir Paule getauft haben
Und dann sind da natürlich noch die Brüllaffen, die die umliegenden Wälder bevölkern, und die sich immer etwas zu erzählen haben. So ist das Affengebrüll eigentlich ständig zu hören, von früh morgens bis spät abends, von näher und von ferner. Vom Ort Montezuma dagegen hört man nichts, und von der Straße dorthin fast nichts. In den Ort runter sind es etwa zwei Kilometer - was man bergab noch gut laufen kann, für den Rückweg nehmen wir uns dann doch lieber ein Taxi, und sparen uns den schweißtreibenden, knackigen Anstieg. Auf der anderen Seite geht gleich neben unserem Haus ein kleiner Pfad hinab zum Fluß - der gleiche Fluß, der etwas weiter unten als Wasserfall zu Tal rauscht. Hier plätschert er aber noch recht freundlich über allerlei Felsen, zwischen denen es sich sogar einigermaßen baden lässt.


Der zweite gute Grund, heute einen ganz besonders ruhigen Tag einzuschieben, ist, dass wir gestern schon mächtig aktiv waren. Es galt, die Südspitze der Nicoya-Halbinsel zu erkunden, das Cabo Blanco (weißes Kap). Die Gegend ist der älteste Nationalpark Costa Ricas und wird nächstes Jahr 50 Jahre alt. Die Entstehungsgeschichte ist recht spannend: Geschaffen wurde der Park von einem schwedisch-dänischen Pärchen, Olof Wessberg und Karen Morgensen, die bereits in den 50er Jahren nach Montezuma kamen, als der Ort noch ein winziges Fischernest war. Dort haben sie sich eine einfache Hütte unmittelbar am Strand gebaut und von den Früchten des Waldes gelebt - quasi die ersten Aussteiger, die nach Montezuma kamen, noch bevor es die Idee eines Aussteigers gab. 


Mit den Jahren begann Wessberg, sich für einen Schutz des verbliebenen Regenwaldes am Cabo Blanco einzusetzen. Der wurde damals zunehmend abgeholzt, um Platz für Landwirtschaft zu schaffen. Mit Spendengeldern aus den USA und Europa - und der zunächst zögerlichen Unterstützung der costaricanischen Regierung - gelang es ihm, das erste Naturschutzgebiet Costa Ricas zu etablieren. 50 Jahre danach hat die Natur sich die abgeholzten Flächen zurückgeholt, die Sukzession ist in vollem Gange. Wessberg, der Gründer des Nationalparks, wurde tragischerweise in den 70er Jahren ermordet, als er im Süden Costa Ricas für einen weiteren Nationalpark kämpfte. Die ganze Geschichte gibt es hier zum Nachlesen (auf Englisch).

Baumriese am Schwedenpfad

Als Reminiszenz an das Gründerpärchen kann man den Nationalpark heute auf einem Schwedenpfad und auf einem Dänenpfad durchwandern, was wir gestern auch getan haben. Der Schwedenpfad führt über vier hügelige Kilometer durch den Wald, an Bachläufen entlang bis hinunter zum Playa Cabo Blanco, einem wunderschönen Sandstrand. Ihr merkt schon, davon gibt es hier so einige. Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass er gänzlich unberührt ist - drei Picknickbänke gibt es und einen Wasserhahn, sonst nichts. Nur zum Schwimmen hat es leider nicht gereicht: es geht flach rein und ist dabei sehr felsig; um zu schwimmen hätte man erst mal 50 Meter durch die Brandung über Felsen staksen müssen. Aber immerhin - sehr schön anzuschauen ist er, der Strand.



Und auch einigen Bewohnern des Nationalparks sind wir begegnet - neben Coatis und Agutis, die wir ja von unserer Hütte kennen, auch Kapuziner- und Brüllaffen. Letztere haben wir schon häufiger gehört - jetzt gerade auch wieder, von unserer Veranda aus. Aber so nah, und vor allem so laut wie dort im Park hatten wir sie noch nicht erlebt. In einem Tal waren wir auf einmal von drei Horden Brüllaffen umgeben, die jeweils im Wechsel ihr Geheul anstimmten. Dabei inszenieren sie ein beachtliches Crescendo - einer beginnt ganz leise loszuheulen, andere Stimmen ein, bis sie am Ende ein ganz schönes Getöse hinbekommen.


So sieht es also aus. Alles wunderbar soweit, und wenn morgen der Regen aufhört, dann reichen wir auch noch ein paar Bilder von der grandiosen Aussicht nach!

(wie angekündigt: grandiose Aussicht)

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